Am
7. Juni eröffnet im Marmorpalast des Russischen Museums die Ausstellung
"Vanity Case" des bekannten französischen Designers und
Architekten Philippe Stark. Die Ausstellung kommt aus dem Moskauer Zentrum
für Kunst an der Neglinnaja nach Petersburg und bildet nur einen
Teil der Gastspiele Starks in Russland. Jene Ausstellung, die die Petersburger
Besucher zu sehen bekommen, wurde in dieser Form bereits 1997 in Barcelona
erarbeitet und reist seitdem durch die Welt. "Vanity Case"vereint
80 Objekte, von Dingen zur persönlichen Hygiene (Zahnbürsten)
über architektonische Entwürfe, die allesamt in beleuchteten
Kisten und Kistchen stecken und somit Material für Laborexperimente
bieten; zudem sind sie noch mit Kommentaren des Autors versehen.
Stark ist ein außergewöhnlicher Designer. Er entwirft so
gut wie alles von der Zahnbürste und der Toilettenbürste hin
zu Möbeln, Motorrädern und Bürokomplexen. Man spricht
sogar von einer besonderen Philosophie des Designs, die er erdacht hat.
Eine Philosophie, deren Basis Ergonomie und Einfachheit der natürlichen,
naturellen Formen bilden. Eine Philosophie, in der die Ästhetik
die Enthüllung der Funktion der Dinge fördert. Nebenbei gesagt
spricht man davon, dass der Gegenstand selbst davon keineswegs funktionaler
wird. Es geht sogar das Gerücht um, dass man auf den Stühlen
Starks, in den die Form eines sitzenden Menschen eingeprägt ist,
nicht sonderlich bequem sitzt. Das gleiche sagt man von seinen orthopädischen
Schuhen oder von seiner konisch geformten Wanne, seiner konisch geformten
Toilettenschüssel. Bei der ersten Begegnung mit den Werken des
Meisters drängt sich der Eindruck auf, dass die Quintessenz seiner
Methode in der Herstellung von Antiprodukten für einen Antikonsumenten
liegt, dass sein spezieller Stil in einer Verbindung von "äußerlicher
Sorglosigkeit mit professionellem Geschick" liegt. Darauf besteht
übrigens auch Stark selbst. Trotzdem ist nicht alles so einfach,
wie es auf den ersten Blick scheinen mag.
Wenn man es sich auferlegt, über die von Stark selbst weit ausgeführten
Thesen von der Einfachheit des Designs, über eine gewisse Humanität
in der Beziehung zum Verbraucher nachzusinnen und seine Objekte nicht
als Insel der Freiheit in einer gleichgeschalteten Konsumwelt wahrnimmt,
so stellt sich letztendlich heraus, dass Stark eigentlich keine besondere
Philosophie vertritt. All seine Objekte sind eher funktional, seine
Philosophie ist bestenfalls auf einen durchschnittlichen europäischen
Verbraucher zu Anfang des XXI. Jahrhunderts mit linker Ideologie der
60er zugeschnitten. All dies gemeinsam bringt die Reklamestrategie der
bekannten Verkaufsmarke Philippe Stark hervor, deren Geschäftspartner
das Modeversandhaus Trois Suisse ist.
Die Verkaufsstrategie der Marke Philippe
Stark besteht in letzter Zeit darin, große Stückzahlen von
Allerweltsgegenständen zu vertreiben. Jene Waren sind ein wenig
krummbeiniger und etwas weniger funktional als jene bei IKEA. Statt
dessen kann man sie als exklusives Produkt vertreiben und den Konsument
davon überzeugen, dass hinter diesem Stuhl für 20$ eine tiefgründige
Philosophie des Designs steht.
Den potenziellen Verbraucher davon zu überzeugen ist tatsächlich
eine Kunst. Eben aus diesem Grunde eröffnet am 7. Juni im Marmorpalast
eine Ausstellung der Projekte und Objekte Starks und nicht der billigen
Möbel von IKEA.
Übersetzt von Sandra Frimmel(Berlin)